Sie feierten im Juli Ihren 62. Geburtstag – fällt Ihnen das Älterwerden schwer?
Ach was, das ist doch fabelhaft. Ich feiere das Leben. Meine Frau hat den Krebs besiegt, sie ist mein Vorbild in Sachen positiver Lebenseinstellung. Ich denke wir leben in einer Welt, in der sich der Blick auf das Alter ohnehin etwas verschoben hat. Wir leben heute viel gesünder als früher. Ich rauche nicht, ich trinke nicht. Gucken Sie sich Clint Eastwood an. Mit dem habe ich jüngst den Film „Scully“ gedreht. Clint ist 87 und fit wie ein Turnschuh. Warum sollte ich also jammern, weil ich 61 bin?
Nutzt man einen solchen Meilenstein auch, um mal auf das bisherige Leben zurück zu blicken?
Ich lehne mich in ruhigen Minuten immer wieder mal zurück und bin dankbar für mein Leben, ein sehr höchst privilegiertes Leben. Und das weiß ich auch zu schätzen. Ich weiß, dass ich sehr viel Glück hatte.
Gab es auch mal Tiefpunkte?
Aber sicher. Ich habe einige Filme gedreht, die böse Flops waren oder über die sich die Leute lustig gemacht haben. Es gab Zeiten, da hatte ich viel zu hohen Blutzucker, ich weiß was familiäre Probleme sind und ich habe auch schon eine Scheidung hinter mir. Sicher, ich habe auf den ersten Blick alles, was man braucht. Aber glauben Sie mir: ich bin letztlich auch nur ein Mensch und empfinde auch trotz Oscars oder genügend Geld auf dem Konto die gleichen Emotionen wie andere Menschen.
Was war das schönste Geburtstagsgeschenk?
Das meine Frau im vergangenen Jahr verkünden konnte, dass sie komplett krebsfrei ist und den Kampf gegen den Brustkrebs gewonnen hat. Das war das schönste Geschenk das ich jemals bekommen habe. Das Ganze hat mir schon Angst gemacht.
Ihre Frau ist sehr offen mit Ihrer Brustkrebserkrankung umgegangen?
Ja, und ich bin sehr stolz auf sie. Sie will mit Ihrer Offenheit andere Frauen inspirieren, sich regelmäßig auf Brustkrebs untersuchen zu lassen, weil Frühdiagnosen sehr gute Heilungschancen haben. Krebs muss heute nicht mehr den sicheren Tod bedeuten.

In „Scully“, unter der Regie von Clint Eastwood, verkörperte Tom Hanks den Piloten Sullenberger, der eine Passagiermaschine auf dem Hudson River notlanden musste.
Haben Sie schon mal über den Tod nachgedacht?
Ich beschäftige mich lieber mit dem Leben. Fragen, ob es eine Wiedergeburt gibt, ob es Gott gibt, wie groß das Universum ist, gibt es weitere Planeten mit Leben sind weniger mein Ding. Was ich sicher weiß: Dass es besondere Beziehungen zwischen Menschen gibt. Als ich meine Frau traf, wusste ich sofort, dass sich mein Leben fortan massiv ändern würde. Das war so ein Gefühl. Manche Menschen trifft man das erste Mal und man hat sofort das Gefühl, man würde sich schon ewig kennen. Bei Rita war es so.
Sie sind seit mehr als 30 Jahren verheiratet – eine Ewigkeit nach Hollywood-Standard, wo viele Ehen oft nur wenige Jahre halten. Was ist Ihr Geheimnis?
Ich wünschte es gäbe eine Geheimformel. Wir mögen uns einfach grundehrlich, das ist wahrscheinlich schon mal ein guter Start. Das Leben ist jeden Tag eine große Herausforderung, es ist einfacher zu meistern, wenn man es mit einem Menschen teilt, den man sehr gerne hat. Das heißt nicht, dass man immer einer Meinung sein muss, es rumpelt in jeder Beziehung mal, aber man muss schon grundsätzlich an einem Strang ziehen wollen.
Über was streiten Sie auch mal?
Das Übliche: mein Fahrstil, meine Socken, die Zahnpastatube (lacht).
Sie waren gerade mal 21 Jahre alt, als Sie Ihre erste Frau Samanta Lewes heirateten . . .
. . . und das war viel zu jung. Ich rate niemandem vor dem 30. Geburtstag zu heiraten. Rückblickend muss ich allerdings auch sagen, dass es ein großes Glück ist, dass ich schon mit 21 Vater war . . .
. . . weil sie dadurch schon mit Mitte 50 Opa wurden?
Auch das, Mein Sohn Colins hat mich zum zweifachen Opa gemacht, jetzt bin ich wenigstens noch rüstig und kann noch richtig toben mit den Enkeln.
Was ging schief in der ersten Ehe?
Ich fühlte mich ab einem gewissen Punkt ziemlich einsam. Ich lebte nach strengen Regeln, erlaubte mir nicht auszubrechen aus dem Konstrukt das wir gebaut hatten. Ich rauchte nicht, trank nicht, nahm keine Drogen, betrog meine Frau nicht, ging um punkt 22 Uhr ins Bett. Das alles passiert mir mit Rita nicht mehr. Wir sind auch mal verrückt, wenn wir Lust darauf haben.

Paraderolle: In „Saving Private Ryan“, unter der Regie von Steven Spielberg, spielte Tom Hanks einen Soldaten im Zweiten Weltkrieg.
Sie haben alles im Leben: Reichtum, Erfolg, eine Familie. Wie behält man dabei die Bodenhaftung?
Meine Frau und ich wohnen nicht in einem abgeschiedenen Palast, umgeben von Dutzenden Angestellter. Wir haben ein schickes Haus, klar. Aber wir wissen schon noch, wie man sich ein Essen kocht und was eine Gallone Benzin kostet. Ich möchte nicht enden wie Elvis Presley. Ich meine Elvis war ein genialer Musiker, aber nachdem er sich in den letzten Jahres seines Lebens nur noch hinter den Mauern von Graceland verschanzt hat mit seiner Mafia und nur noch mit dem Privatflieger reiste, hat er die Nähe zur normalen Welt verloren. Ich glaube nicht, dass er in dieser Phase seines Lebens noch aus ganzem Herzen über normale Alltagsgefühle singen konnte, die andere Menschen erleben. Ich möchte – trotz aller Privilegien, die ich genieße – auch weiterhin ein glaubhafter Schauspieler sein können und normale Menschen spielen, denen das Leben einige Steine in den Weg gelegt hat. Dafür brauche ich auch weiterhin die Nähe zur Realität.
Sie haben zuletzt häufig in Deutschland gedreht – wie gefällt es Ihnen dort?
Ich liebe Deutschland. An jedem freien Drehtag bin ich durch Dresden oder Berlin marschiert. Ich habe mir das DDR-Museum in Dresden angesehen und war völlig fasziniert. Ich bin interessiert an Geschichte und habe einiges gelernt über die Zeit, als die Mauer Deutschland trennte. Berlin versprüht ohnehin eine ganz eigene Magie, jedes Mal wenn ich dort bin, erlebe ich etwas Neues. Jetzt muss ich nur noch ein paar Worte Deutsch lernen, damit ich mich auch mal den netten Menschen in Deutschland in der Landessprache unterhalten kann.
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