So schnell kann es gehen. Erst im März war die TV-Serie „Roseanne“ nach mehr als 20 Jahren auf den Bildschirm zurück gekehrt. Mit enormen Einschaltquoten. Rund 18,5 Millionen Zuschauern schalteten bei der ersten Episode ein, die Fan-Schar wuchs sogar bis auf 27,3 Millionen Zuschauer an. „Roseanne“ ist das, was man in Branchenkreisen als „Cash-Cow“ bezeichnet. Ein Erfolgskonzept, mit dem sowohl Hauptdarstellerin und Produzentin Roseanne Barr als auch der ausstrahlende Sender ABC in den kommenden Jahren zig Millionen an Dollar hätten scheffeln können. Doch nun ist alles vorbei. „Roseanne“ wurde abgesetzt. Weil Roseanne Barr sich mit rassistischen Äußerungen auf Twitter selbst ins Aus geschossen hat.
Roseanne beleidigt Afro-Amerikanerinnen
„Muslim brotherhood & planet of the apes had a baby=vj“ – es war dieser Twitter-Beitrag von Barr, der Hollywood und zumindest den liberalen Teil Amerikas erschütterte. „vj“ steht für Valerie Jarrett, die ehemalige Sicherheitsberaterin von Präsident Barack Obama. Eine Afro-Amerikanerin. Und die bezeichnet Roseanne Barr ganz öffentlich als „Affe“. Im Amerika der Gegenwart sind derartige rassistische Attacken und Entgleisungen einzelner längst keine Seltenheit mehr. Dass sie von einem Hollywood-Star kommen, der von einem Millionen-Publikum und von Präsident Trump gleichermaßen verehrt wird , das ist neu.
Sie wollte selbst mal Präsidentin werden
Barr hat in der Vergangenheit keinen Hehl daraus gemacht, dass sie eine Trump-Sympathisantin ist. Darf sie auch. In 2012 wollte sie sogar selbst mal Präsidentin werden – mit ähnlichen Parolen wie Trump. Sie sieht die Regierung als überflüssig an, Parteien als überholt und korrupt. So wie Trump spricht auch sie mit ihren Ansichten fast der Hälfte der Amerikaner aus der Seele. Und zwar genau jenen, die auch in großen Scharen bei „Roseanne“ einschalten, weil die Hauptfigur der Serie eine von ihnen ist. In der Geschichte der Conner-Familie sehen sich viele vergessenen Wähler in Mid-West Amerika repräsentiert. Der Sender ABC machte keinen Hehl daraus, dass man die Serie ganz bewusst wieder zum Leben erweckt habe, um auch diese Zuschauerschicht zu bedienen. Nachvollziehbar. Doch ABC, der Sender gehört zum Disney-Konzern, wusste durchaus um die Unberechenbarkeit von Roseanne Barr.

„Roseanne“ startete erst im März nach mehr als 20 Jahren Pause mit neuen Folgen. Nun wurde die Erfolgsserie wieder eingestellt, nachdem Roseanne Barr mit rassistischen Kommentaren für einen Skandal sorgte. (ABC/Robert Trachtenberg)
Schon 2013 machte Barr rassistische Bemerkungen
Mit rassistischen Bemerkungen fiel Barr bereits 2013 auf, als sie schon die ehemalige Sicherheitsberaterin und UN-Botschafterin Susan Rice massiv beleidigte. „Susan Rice ist ein Mann mit großen schwingenden Affen-Eiern“, schrieb Barr damals auf Twitter. Unfassbar. Die Konsequenz: keine. Sie bekam fünf Jahre später dennoch die Chance, ihre Erfolgsshow „Roseanne“ neu aufleben zu lassen. Und Millionen zu verdienen. Bei ABC und Disney war man ob der Vergangenheit von Barr offenbar auf einem Auge blind. Das überrascht vor allem deshalb, weil man gerade beim Disney-Konzern extrem auf ein fleckenfreies Image achtet. ABC war etwa der erste Sender, der Zigarettenraucher in allen seinen Filmen und Serien verboten hat. Doch man engagierte Roseanne Barr. Eine mehrfach öffentlich bekennende Rassistin.
Amerika hat ein Rassismus-Problem
Der Twitter-Skandal um Roseanne Barr passierte ausgerechnet an einem Tag, als die Kaffeekette Starbucks 8.000 Läden frühzeitig geschlossen hat, um seinen Mitarbeitern eine Anti-Rassismus Schulung zu geben. Der Grund: Schwarze wurden zuletzt vermehrt Opfer von rassistischen Attacken der Starbucks-Mitarbeiter. Kein Einzelfall: In einem Restaurant in Maine wurden Afro-Amerikanische Gäste gebeten, ihr Essen vorab zu zahlen. Übergriffe aus Ausländer erreichen neue Rekordzahlen in den USA. Daß Amerika ein anhaltendes Rassismus-Problem hat, ist 50 Jahre nach der Ermordung von Martin Luther King Jr. kein Geheimnis. Dass der Rassismus aber mittlerweile schon fast wieder gesellschaftsfähig zu werden scheint und selbst Hollywood-Stars zu öffentlichen Hassattacken gegen Schwarze verleitet, das erschreckt.
Donald Trump als Auslöser des Problems
Ein gewichtiger Grund für das neue Aufflammen des Rassismus – aber sicher nicht der einzige – ist Präsident Donald Trump. Der Fisch stinkt vom Kopf. Ein Staatsoberhaupt, dass sich verweigert einen Aufmarsch von Neonazis und Anhängern des Ku Klux Klan in Charlottesville zu verurteilen, bereitet jedem Rassisten eine Plattform, seine Ansichten ganz ungeniert auszuleben. Ein Präsident, der nicht auf Einigung seines Landes setzt, sondern dessen Spaltung mit gezielten Hassattacken gegen Medien, Kritiker und Andersdenkende vorantreibt, der provoziert bewusst wachsende Aggression und auch Gewalt in seiner Bevölkerung. Trump teilt sein Land. „United“ sind die Staaten von Amerika längst nicht mehr.
Eine mutige Entscheidung von ABC und Disney
Umso wichtiger war die mutige Entscheidung von ABC und Disney, „Roseanne“ sofort abzusetzen. Und auch die Entscheidung von IMC, Roseanne Barr nicht länger als Manager-Agentur zu vertreten. Firmen wie ABC und Disney sind stark profitorientiert. Wie alles in Hollywood. Eine Erfolgsserie wie „Roseanne“ aus dem Programm zu kippen, ist daher durchaus bemerkenswert. Man verliert sehr, sehr viel Geld. Moral über Profit – das ist die klare Botschaft. Und die ist richtig und wichtig in einer US-Gesellschaft, die am Scheideweg steht. Rassisten wie Roseanne Barr gnadenlos in die Schranken zu weisen ist die einzig richtige Entscheidung im Kampf gegen die Hohlkörper und Ewiggestrigen, die sich nach einem Amerika aus der Steinzeit sehnen. Nach Schwarzen, die als Sklaven auf Baumwollfeldern arbeiten sollten. Dieser Hass darf sich nicht weiter vermehren. Und Hollywood hat dabei seine Verantwortung zu tragen. ABC und Disney haben in diesem Sinne gehandelt. Respekt!
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